Interview mit Rolf G. Kirst (Franchise Consultant)

- Guten Tag Herr Kirst, ich freue mich, Sie kennenzulernen.
Kurz zu Ihrer Person: Sie sind Franchise-Consultant und Gründer des Franchise Pool International, ist das richtig? Waren Sie schon immer in der Franchisewirtschaft tätig?
In den 1980er Jahren war ich Busunternehmer und organisierte Busreisen europaweit. Schon 1982 habe ich erkannt, dass fast jeder Busreiseveranstalter die gleichen Reiseziele ansteuert und auf einem Parkplatz in Paris beispielsweise stehen dann drei Busse aus der gleichen Region mit jeweils 20 bis 30 Gästen. Mein Ansatz war: Wenn wir die Reisen gemeinsam ausschreiben, können wir mehr Ziele anbieten und fahren mit mehr Gästen, somit verdienen wir auch mehr.
Aus dieser Idee wurde in den 1980er Jahren die Kooperation ‚Schmetterling Reisen‘, der bis 1992 nach der Öffnung der Neuen Bundesländer insgesamt 70 Omnibusunternehmen angehörten.
Ab 1990 starteten wir in Sachsen und Thüringen mit einer Kette von anfänglich genannten ‚Annahmestellen‘, in denen unsere Busreisen verkauft wurden. Die Partner, deren Zahl schnell auf 50 und später 100 Annahmestellen wuchs, verlangten immer mehr nach den üblichen Dienstleistungen wie Hilfe bei der Administration, Buchhaltung, Werbung etc. Bald wurden in diesen Annahmestellen für Busreisen auch Flugreisen angeboten und sie entwickelten sich zu klassischen Reisebüros. Durch die Unterstützung, die wir unseren Partner boten, entwickelten wir uns immer mehr in die Rolle eines Franchisegebers und hatten somit auch die Verantwortung. Dies war somit der Beginn eines Franchisekonzeptes, entstanden aus dem Bedürfnis nach Unterstützung, Betreuung und Entwicklung. Schmetterling Reisen hat sich weiter entwickelt und existiert heute noch als Kooperation.
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Ab 1994 kaufte ich dann die Masterlizenz des kanadischen Franchisesystems Uniglobe Travel und hatte die Gelegenheit, auf diesem Wege professionelles Franchising zu erlernen, in dem uns die Nordamerikaner weit überlegen sind. Uniglobe Travel führte ich zu einem der besten Systeme in Deutschland und wurde 1999 zum Franchisegeber des Jahres gekürt, worauf ich heute noch stolz bin.
Von 1999 bis 2012 war ich Mitglied im Vorstand des DFV und vertrat den Verband international. Somit war ich auch Mitglied im WFC, dem Weltverband des Franchising.
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2006 verkaufte ich meine Anteile an Uniglobe Travel Germany an meine Franchisenehmer und startete als Franchiseberater und Broker für internationales Franchising.
- Welche Rolle spielt der Franchise Pool International für die internationale Franchisewirtschaft?
Der Franchise Pool International ist zurzeit die größte Organisation im internationalen Franchise Business. Mit 19 Partnern von Singapur, über Dubai, fast ganz Europa bis nach Kanada, decken wir 45 Länder weltweit ab und können unseren Kunden somit eine Expansion fast auf der gesamten Welt anbieten.
Durch die regionale und nationale Präsenz fällt es uns leichter, Systeme bei ihrer Expansion zu beraten und zu begleiten, denn in den Zielländern unterstützen örtliche Partner die Systemgeber mit Fachwissen und Landeskenntnissen.
- Könnten Sie das Prinzip Master-Franchising kurz erläutern und vom ‚üblichen‘ Franchising abgrenzen?
Master-Franchise ist meist nur auf internationaler Ebene angebracht. Der Master ist verantwortlich für ein Land oder eine Region, verfügt über die regionale Kompetenz, baut zuerst einen Pilotbetrieb vor Ort auf, um so die Machbarkeit eines Systems auf diesem Markt zu beweisen. Erst wenn das System im Land etabliert ist und Erfolge nachweisen kann, kann der Master dann mit Sub-Franchisenehmer weiter expandieren und somit seine Investitionen refinanzieren.
Beim ‚üblichen‘ Franchise erhält der Franchisenehmer eine Lizenz für einen Standort, eventuell auch mehreren (Multi-Unit). Er betreibt diesen Standort und verdient damit sein Geld.
Der Master-Franchisenehmer betreibt ebenfalls sein eigenes Geschäft als Pilotbetrieb, ist aber dazu auch in der Funktion als Franchisegeber tätig. Die Verträge der Sub-Franchisenehmer werden nämlich mit dem Master abgeschlossen, der dann aber auch die Verantwortung und die Pflichten eines Franchisegebers übernimmt.
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- Wieso sollten sich Existenzgründer in Deutschland für eine Masterlizenz einer internationalen Marke entscheiden?
Eine Masterlizenz ist nur eine Option für Existenzgründer, die über gewisse Voraussetzungen verfügen, z.B. Managementerfahrung, englische Sprachkenntnisse, gute finanzielle Grundlage (mindestens 500.000 Euro und mehr) und den Wunsch nach einer größeren Unternehmung.
Mit einer Masterlizenz hat man die Möglichkeit, nicht nur einen Betrieb zu eröffnen, sondern sich als Franchisegeber zu etablieren und somit eine weit größere Unternehmung aufzubauen.
Man sollte aber auch wissen, dass man in diesem Fall eine neue, unbekannte Marke ins eigene Land bringt und somit auch das Risiko übernimmt, ob und wie sich die Marke umsetzen lässt. Ein System, das im Ausland funktioniert, muss nicht in jedem Fall im eigenen Land genauso funktionieren.
‚Deshalb prüfe, wer sich ewig bindet.‘
- Was ist genau Ihre Aufgabe als Franchise Consultant?
Meine Aufgabe ist einmal die Unterstützung von deutschen Franchise-Unternehmen bei der Expansion ihrer Marke ins Ausland. Ich berate Franchisegeber in der Vorbereitung und bei der Ausarbeitung der notwendigen Dokumentation.
Im weiteren Verlauf helfe ich dann bei der Suche nach geeigneten Masterpartnern im Ausland und nutze mein weltweites Netzwerk an FPI Partnern.
Im sogenannten Inbound-Geschäft suche ich Master-Franchisenehmer im deutschsprachigen Raum im Auftrag ausländischer Franchisegeber. Die meisten Kontakte zu diesen internationalen Marken kommen wiederum durch meine Kollegen und vor allem durch unser Global Franchise Forum, das wir seit über 10 Jahren regelmäßig organisieren.
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- Wie sehen Sie die Entwicklung des Franchising, insbesondere des Master-Franchising, in den kommenden Jahren?
Ich bin überzeugt, Franchising wird weiter wachsen, es wird neue Franchisesysteme in Deutschland geben, die Nachfrage nach internationalen Konzepten wird aber auch weiter wachsen. Für ausländische Systeme ist Deutschland ein attraktiver Markt und jeder ausländische Franchisegeber will unbedingt in Deutschland starten. Es ist oft schwer zu erklären, dass der Markt Deutschland aber auch ein wettbewerbsintensiver Markt ist und die Anforderung bei uns sehr hoch angesiedelt sind. Aus diesem Grund suchen wir die Marken, die wir in Deutschland vertreten, nach strengen Kriterien aus und jedes System, dass ich nach Deutschland bringe, besuche ich zuvor persönlich an seinem Hauptsitz, um so aus eigener Erfahrung berichten zu können.
- Vielen Dank für das Interview, Herr Kirst!
© Redaktionsteam und Rolf G. Kirst
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